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Darunter die Holsten-Brauerei, Schaulandt mit Thomas Wegner, Brillen-Fielmann, IBM Deutschland, das Goethe-Institut, die Stadt Florenz, die Fraunhofer Gesellschaft, die Europäische Kommission. | Darunter die Holsten-Brauerei, Schaulandt mit Thomas Wegner, Brillen-Fielmann, IBM Deutschland, das Goethe-Institut, die Stadt Florenz, die Fraunhofer Gesellschaft, die Europäische Kommission. | ||
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Eine Ausstellung mit 140 Bildern zu 6 Themen und 8 IBM Personal Computer. | Eine Ausstellung mit 140 Bildern zu 6 Themen und 8 IBM Personal Computer. | ||
10.Dezember 1986 - 8.Februar 1087. Hamburger Kunsthalle. | 10.Dezember 1986 - 8.Februar 1087. Hamburger Kunsthalle. | ||
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Revision as of 14:16, 26 October 2019
Zu Person und Werk.[1]
Achim Lipp, (eigentlich Hans-Joachim Lipp, *1944 in Bönningstedt bei Hamburg, lebt in Mücheln bei Wettin), Museumspädagoge, Künstler, Autor. Pionier im Bereich benutzerorientierte interaktive Mediengestaltung. Kunst im Netzwerk/ARTNETWORK. Bilderbrücken. Elektronische Kunst- und Wunderkammer. Assoziative Navigation.
Contents
Bildung und Ausbildung
<nowiki>
- 1964-1970 Studium von Germanistik, bildender Kunst und Pädagogik in Hamburg
- 1970-73 Assistent an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg,
- 1970-75 Die ZELTSCHULE ebenda,
- 1976 zweites Staatsexamen für das Lehramt in Hamburg
- 1975-77 Lehrbeauftragter an der Universität Bremen
- 1978-88 Leiter der pädagogischen Abteilung der Hamburger Kunsthalle
- 1989-92 Initiator und Projektmanager des Europäischen MuseumsNetzwerks EMN, EU-Projekt zur Telekommunikation, mit Museen und ihren Museumspädagogen in Lissabon, Madrid, Paris, Den Haag, Kopenhagen, Bremen, Bremerhaven und Hamburg.
- 1990-93 Lehrbeauftragter an der Kunsthochschule für Medien, Köln Mikroenzyklopädie
- 1991 Beratertätigkeit für das Kulturministerium Lettland
- 1992 Gastprofessur an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg
- 1993-95 Lehraufträge an der Kunsthochschule für Medien Köln Mikroenzyklopädie
- 1994 Beratertätigkeit für ein Bilddatenbankprojekt The One Million Picture Bank von Bill Gates
- 1995 Mitglied des Advisory Boards der Carnegie Mellon University, School of Arts, Pittsburgh
- 1995-1999 Kurator für das Besucherinformationssystem der Weltausstellung EXPO2000 in Hannover;
- 1996/97 Projektmanager für das EU-Projekt „Das elektronische Rathaus. EUKIOSK“ mit Vertretern aus Österreich, Schweden, Italien, Griechenland
- 2001-2004 Lehraufträge an der Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design Halle
- 2010 Verleihung der Ehrenmedaille in Silber durch die Medizinische Fakultät der Martin-Luther Universität Halle<
/nowiki>
Publikationen, Ausstellungen, Vorträge und Projekte
- 1977 Die Kunst in Bildern zu denken, zus. mit Müller, Patzig, Burmeier, Pinkert, Grau, Boljahn, Wigand; Verlag ZELTSCHULE Hamburg
- 1978 Wanderwege der Kunst. Ausstellung u. Prospekt, Hamburger Kunsthalle (im folgenden HK)
- 1979 Leonardo-Quartett, Gesellschaftsspiel zur Leonardo-Ausstellung, HK
- 1979 Gesellige Daumier-Hatz, Gesellschaftsspiel zur Daumier-Ausstellung, HK
- 1979 ZORRRRRN, Bilderheft zur Flaxman-Ausstellung, HK
- 1980 Khnopff-Collier, Bilderheft zur Khnopff-Ausstellung, HK
- 1981 Bilderbrücken(siehe LINK Bilderbrücken) und Kreuzwege oder Wie man sich Kunst aneignen kann. Ausstellung u. Prospekt, HK
- 1981 Der zerbrochene Kopf. Prospekt zur Picasso-Ausstellung, HK
- 1982 Der Hamburger Museumswürfel. Buch- und Animationsobjekt für junge Besucher der sechs Hamburger Museen
- 1982 Künstlers Erdenwallen. Bilderheft zur Menzel-Ausstellung, HK
- 1983 Feuerprobe. Inszenierung und Bilderheft zur Luther-Ausstellung, HK
- 1983 Der Walther-Raum in der Hamburger Kunsthalle. Bilderheft, HK
- 1983 Gottesdienst vor Altären der Hamburger Kunsthalle. Veranstaltungsreihe
- 1985 Umgarnte Gedanken. Bilderheft zur Christo-Ausstellung Surrounded Island, HK
- 1985 Mehr Licht - More Light. Ausstellung u. Katalog der Hamburger Kunsthalle, zus. mit P. Zec, ISBN 3-8225-0015-1
- 1986 Bildplatten-Symposium, 1.CEBIT Computermesse Hannover, Vortrag Bilderbrücken. Kunst im Netzwerk
- 1986 Kunst im Netzwerk. Ausstellung der Hamburger Kunsthalle. Erste benutzerorientierte interaktive Computeranwendung in einem Kunstmuseum überhaupt. Katalog/Arbeitsheft, siehe Art Network
- 1987 Medien für den Bürger. Fraunhofer Gesellschaft, Konferenz zur Planung des ZKM, Vortrag Bilderbrücken. Kunst im Netzwerk
- 1987 Art Network. Ausstellung der Hamburger Kunsthalle im Forte Belvedere, Florenz. Assoziative Navigation viersprachig
- 1987 mehrwöchige Vortragsreise auf Einladung des Goethe-Instituts durch die USA und Kanada zur Museumspädagogik. Bilderbrücken. Kunst im Netzwerk. Elektronische Kunst- und Wunderkammer. (u.a. CAVS des MIT in Cambridge, MOMA San Francisco)
- 1987-88 Vortragsreisen Frankreich, Italien, Großbritannien. Bilderbrücken. Elektronische Kunst-und Wunderkammer. Art Network. Mailand (Brera),San Marino, Bologna, Lille, London (National Gallery)
- 1989-1992 Europäisches Museumsnetzwerk EMN, EU-Projekt (Madrid, Lissabon, Kopenhagen, Paris, Den Haag, Bremen, Hamburg)
- 1990-98 Gastvorträge und Seminare an der Carnegie-Mellon University, Pittsburgh, USA;
- 1991 Eröffnungsvortrag auf der 1.ICHIM Conference (International Conference on Hypermedia in Museums) in Pittsburgh;
- 1993 Eight European Museums teaming up for EMN and where to go from Now, Lipp, Schmitz-Esser, in: Proceedings. International Conference on Hypermedia and Interactivity in Museums ICHIM II, 1993, Cambridge, England
- 1994 The Electronic Kunstkammer, in Visual Resources, Vol. X, pp101-118, Cambridge, MA, 1994 USA
- 1996-97 Das elektronische Rathaus, EU-Projekt (EXPO Hannover, Stockholm, Hannover, Thessaloniki, Mailand)
- 1997 Welcome to Expo2000 Weltausstellung Hannover, CD-ROM mit Titus Leber
- 1998 EXPO-Data Acquisition CD-ROM für alle teilnehmenden 179 Nationen, mit Bertelsmann
- 1999 EXPO-Info-Tool. Orientierung-Information-Wissen, CD-ROM und Booklet , mit Burgess, Eisenbeis, Heitkamp, Hagebölling
- 2000 UNIVERSEUM. Museumskonzept für die Vernetzung der wissenschaftlichen Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.[5]
- 2002-2015 Galerie Templerhof mit Ausstellungen und Videoinstallationen;
- 2004 Schicksal und Geschichte der Templerkapelle. Ausstellung Galerie Templerhof Gut Mücheln
- 2005 Templerdialoge. Schicksal und Geschichte zweier Templerkapellen. Freunde Templerhof Gut Mücheln
- 2005-2014 jährliche Veranstaltung von künstlerisch-wissenschaftlichen Symposien zur Thematik des authentischen Templerhofes und seiner frühgotischen Kapelle (über 80 Referenten aus Wissenschaft, Kultur und Politik)
- 2008 Einer kam durch. Zur Lebenswirklichkeit im Zeitalter der Kreuzzüge. Sympos.Band 1.Hg. Lipp/Lasch, ISBN
- 2008 Achtung! Der Betrachter ist im Bilde. Ausstellung Hamburger Kunsthalle
- 2010 Garten aus Stein. Rätselhafte Architektur der Müchelner Templerkapelle. Sympos.Bd. 2.Hg. Lipp/Lasch, ISBN
- 2010 Museum der Wettiner, Entwurf zur Umnutzung des Rathauses von Wettin zus. mit A. Richter
- 2010 Hallesche Helden der Heilkunst, Ausstellung Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
- 2013 Hallesche Helden der Heilkunst. Sympos.Bd 3.Hg. Lipp/Lasch, ISBN
- 2015 Hallesche Helden der Heilkunst und andere Helden. Sympos.Bd.4, Hg. Lipp/Lasch, ISBN
- 2015-2019 Aufarbeitung des Projektes Die ZELTSCHULE
- 2019 Die ZELTSCHULE. Ausstellung auf dem Museumsschiff Cap San Diego, Überseebrücke Hamburg, und Publikation, Verlag Philo Arts ISBN
Besprechungen
Peter Klaus Schuster.. Kunst im Netzwerk
Michael Hübl, in Kunstforum
design (?)...
Netz-Wörterbuch von Kurd Alsleben
Kurd Alsleben, gelbes Buch
Umbruch Netzwerk
Museumswürfel Spiegel
Museumswürfel Tarnowski
EMN Ingo Münch
Luther und die Folgen ZEIT
- Beispiel.jpg
Beschreibung1
- Beispiel.jpg
Beschreibung2
Die Zeltschule
Die ZELTSCHULE steht für eine Gruppe von Studenten, die sich mit Achim Lipp, Assistent im Fachbereich Freie Kunst und Beispielgeber, vom allgemeinen Betrieb ihrer Kunsthochschule losgesagt hatte und wie im Beiboot auf eigene Gefahr selbstbestimmt lehren und lernen wollte.
Von 1970 bis 75 hat sie mit Wagemut, Erfindungskraft und Einsatzbereitschaft zahlreiche Aktionen, Materialien, Objekte und Inszenierungen in die Hochschulöffentlichkeit gebracht, ihr Verständnis von künstlerischem Handeln entwickelt und zum Ausdruck gebracht - und die künstlerische Ausbildung mit den ihr eigenen Mitteln thematisiert und zur Diskussion gestellt.
Die Aufarbeitung dieses produktiven und reich dokumentierten Projektes fand von 2016 bis 2019 statt.
Das Kapitel „Umgarnte Gedanken“ zeigt die Entwicklung einer zufällig zusammengewürfelten Gruppe von Erstsemestern einer Kunstakademie zu einer sich selbstverpflichtenden Arbeitsgruppe, die ihr Selbstverständnis aus der akuten Situation entwickelt, nämlich ohne einen eigenen Raum zu sein und ohne weiter verpflichtenden Strukturen vorzufinden. Mit der Erkenntnis, sich selber Raum schaffen zu müssen, begab sie sich auf den Weg zur ZELTSCHULE. Mit der Einrichtung der ganztägigen Veranstaltung von „Mein Tag“, eine über Jahre jedem einzelnen im wöchentlichen Rhythmus zugeordnete Aufgabe, schuf sie sich eine Vorgabe für die laufende Entwicklung von Ideen, Projekten, Objekten und deren Diskussion und Selbstreflexion.
Die Nachwehen der 68er-Jahre hatten ihre deutlichen Spuren gerade auch an Kunsthochschulen hinterlassen. Die scheinbar erstrittene Autonomie von Lehren und Lernen wurde in verantwortungslose Beliebigkeit der zum Handeln Verpflichteten verkehrt. Die ZELTSCHULE nahm die Sache selber in die Hand.
Mit dem Kapitel „Beispiel geben“ wird dempnstriert, wie sie alltägliche Umgangs- und Rezeptionsformen des Alltäglichen selbstreflexiv auf das Leben in einer Kunsthochschule projiziert und in 6 Lektionen hochschulöffentlich inszeniert und zur Teilhabe einlädt.
Die Kapitel „Zum An-Denken. Souvenirs“ und „Zum An-Denken. Klopstock´s Geburtstag“ waren zwei materialreiche Inszenierungen aus jeweils vorgegebenen Anlässen: Die 1. Jahresausstellung der Abteilung Freie Kunst und eine von der Kulturbehörde ausgerufene Geburtstagsfeier. Dabei wurden mit viel Witz und Ironie turbulente Präsentationsformen wie Marktstände aufgebaut, deren Angebot mit allerlei beziehungsreichen Objekten ausgestattet wurde, ihre Vorbilder wurden dem trivialen Alltag entliehen. Dem studentischen Alltag dagegen waren die sich über 12 Monate erstreckenden Aktionen entlehnt, die in Kapitel „Zum An-Denken. Flugblätter“ dokumentiert und über den aktuellen Vollzug hinaus weitergeführt werden. In Kapitel „Das Narrenschyff legt ab“ wird mit der Ansage des Präsidenten die Absicht zementiert, die ZELTSCHULE weiterhin unbehaust sein zu lassen: „Raum gibt´s keinen. Der Narr kann gehen“, so der Bescheid. Dagegen konnte auch die Parade der 15 Plakate, mit denen die ZELTSCHULE immer präzise die Hochschule über ihre Arbeit Auskunft gab, nichts mehr ändern.
Die ZELTSCHULE praktizierte fleißig und erfindungsreich weiter, dokumentierte durchgehend alle Aktivitäten ausführlich in Schrift und Bild. 2015 verließen schließlich die Studierenden der ZELTSCHULE die Kunsthochschule, um in ihre gewählten Berufe und eigene Wege zu gehen. 40 Jahre später, im Jahr 2015, trafen sich die Interessierten und übertrugen dem Autor die Aufgabe, sich die Aufarbeitung der ZELTSCHULE zur eigenen Sache zu machen: „MEIN TAG. Einer für Alle. 45 Jahre später Achim“.
Darüber hinaus versieht der Autor die damaligen Ereignisse mit zahlreichen historischen und aktuellen Bezügen soziokultureller Art und stellt somit die Verbindung zum heutigen Dasein in der medial bestimmten Gegenwart her.
Diese Dokumentation ist zugleich Drehbuch und Katalog zur Ausstellung DIE ZELTSCHULE unterwegs. Ausgepackt, Leinen los und volle Fahrt voraus im Bauch eines Schiffes, der Cap San Diego, Museumsschiff im Hamburger Hafen (Sommer 2019).
40 Jahre später
Die Ausstellung
Das Symposium
Auf nach Narragonien. Gaudeamus Omnes!
Symposium auf der Cap San Diego, Museumsschiff im Hamburger Hafen
Das Buch
Die Aufarbeitung dieses produktiven und reich dokumentierten Projektes fand von 2016 bis 2019 statt.
Das Kapitel „Umgarnte Gedanken“ zeigt die Entwicklung einer zufällig zusammengewürfelten Gruppe von Erstsemestern einer Kunstakademie zu einer sich selbstverpflichtenden Arbeitsgruppe, die ihr Selbstverständnis aus der akuten Situation entwickelt, nämlich ohne einen eigenen Raum zu sein und ohne weiter verpflichtenden Strukturen vorzufinden. Mit der Erkenntnis, sich selber Raum schaffen zu müssen, begab sie sich auf den Weg zur ZELTSCHULE. Mit der Einrichtung der ganztägigen Veranstaltung von „Mein Tag“, eine über Jahre jedem einzelnen im wöchentlichen Rhythmus zugeordnete Aufgabe, schuf sie sich eine Vorgabe für die laufende Entwicklung von Ideen, Projekten, Objekten und deren Diskussion und Selbstreflexion.
Die Nachwehen der 68er-Jahre hatten ihre deutlichen Spuren gerade auch an Kunsthochschulen hinterlassen. Die scheinbar erstrittene Autonomie von Lehren und Lernen wurde in verantwortungslose Beliebigkeit der zum Handeln Verpflichteten verkehrt. Die ZELTSCHULE nahm die Sache selber in die Hand.
Mit dem Kapitel „Beispiel geben“ wird dempnstriert, wie sie alltägliche Umgangs- und Rezeptionsformen des Alltäglichen selbstreflexiv auf das Leben in einer Kunsthochschule projiziert und in 6 Lektionen hochschulöffentlich inszeniert und zur Teilhabe einlädt.
Die Kapitel „Zum An-Denken. Souvenirs“ und „Zum An-Denken. Klopstock´s Geburtstag“ waren zwei materialreiche Inszenierungen aus jeweils vorgegebenen Anlässen: Die 1. Jahresausstellung der Abteilung Freie Kunst und eine von der Kulturbehörde ausgerufene Geburtstagsfeier. Dabei wurden mit viel Witz und Ironie turbulente Präsentationsformen wie Marktstände aufgebaut, deren Angebot mit allerlei beziehungsreichen Objekten ausgestattet wurde, ihre Vorbilder wurden dem trivialen Alltag entliehen. Dem studentischen Alltag dagegen waren die sich über 12 Monate erstreckenden Aktionen entlehnt, die in Kapitel „Zum An-Denken. Flugblätter“ dokumentiert und über den aktuellen Vollzug hinaus weitergeführt werden. In Kapitel „Das Narrenschyff legt ab“ wird mit der Ansage des Präsidenten die Absicht zementiert, die ZELTSCHULE weiterhin unbehaust sein zu lassen: „Raum gibt´s keinen. Der Narr kann gehen“, so der Bescheid. Dagegen konnte auch die Parade der 15 Plakate, mit denen die ZELTSCHULE immer präzise die Hochschule über ihre Arbeit Auskunft gab, nichts mehr ändern.
Die ZELTSCHULE praktizierte fleißig und erfindungsreich weiter, dokumentierte durchgehend alle Aktivitäten ausführlich in Schrift und Bild. 2015 verließen schließlich die Studierenden der ZELTSCHULE die Kunsthochschule, um in ihre gewählten Berufe und eigene Wege zu gehen. 40 Jahre später, im Jahr 2015, trafen sich die Interessierten und übertrugen dem Autor die Aufgabe, sich die Aufarbeitung der ZELTSCHULE zur eigenen Sache zu machen: „MEIN TAG. Einer für Alle. 45 Jahre später Achim“.
Darüber hinaus versieht der Autor die damaligen Ereignisse mit zahlreichen historischen und aktuellen Bezügen soziokultureller Art und stellt somit die Verbindung zum heutigen Dasein in der medial bestimmten Gegenwart her.
Diese Dokumentation ist zugleich Drehbuch und Katalog zur Ausstellung DIE ZELTSCHULE unterwegs. Ausgepackt, Leinen los und volle Fahrt voraus im Bauch eines Schiffes, der Cap San Diego, Museumsschiff im Hamburger Hafen (Sommer 2019).
“Der aktive Betrachter”
Museumspädagogische Aktivitäten
Hamburger Künstler übernehmen nun die Gespräche vor Kunstwerken: Pastoren predigen vor Bildern der Hamburger Kunsthalle
Aktionen, Veranstaltungen, Installationen, Publikationen
Bildererzählungen
Zeitungen, Spiele und Bücher begleiten viele Ausstellungen und sprechen einen erweiterten Adressatenkreis an.
Neue Medien
Neue Medien wie die erste Video-Ausrüstung für ein Museum und benutzerorientierte interaktive Computer standen für experimentelle Vermittlungskonzepte.
Finanzen
Geldgeber waren für pädagogische Projekte immer hinzu zugewinnen. Darunter die Holsten-Brauerei, Schaulandt mit Thomas Wegner, Brillen-Fielmann, IBM Deutschland, das Goethe-Institut, die Stadt Florenz, die Fraunhofer Gesellschaft, die Europäische Kommission.
Kunst im Netzwerk
Kunst im Netzwerk. ART NETWORK
Eine Ausstellung mit 140 Bildern zu 6 Themen und 8 IBM Personal Computer. 10.Dezember 1986 - 8.Februar 1087. Hamburger Kunsthalle.
Die Elektronische Kunst- und Wunderkammer
Europäisches MuseumsNetzwerk EMN
Elektronische Kunst- und Wunderkammer
Feuerprobe
Bildererzählungen, Zeitungen, Spiele und Bücher
Für einen erweiterten Adressatenkreis
Gottesdienst vor Altarbildern der Hamburger Kunsthalle
Eine Veranstaltungsreihe in der Hamburger Kunsthalle 1982 von Achim Lipp
Einstieg
Bei der Trennung von Staat und Kirche ist das Museum der weltlichen Seite zugefallen: das Museum ist kein Gotteshaus. Was also haben Pastoren, mit der Bibel unterm Arm vor Bildern in der Kunsthalle die Kanzel besteigend, der hundertköpfigen Gemeinde Gebet und Lied abverlangend, zur Andacht aufs Zeugnis der Kunst sich berufend, was haben Pastoren hier zu suchen? Sie jagen doch nicht etwa verlorenen Pfründen nach? Keine Angst, schließlich haben wir Sie gebeten, zu uns zu kommen und Kunstwerke in ihrem Sinne zu öffnen: Als Gegenpol zum wissenschaftlich begründeten Kunstverständnis. Und dabei reizt dann nicht allein die möglicherweise andere Interpretation zum Widerspruch. Vielmehr ist es die nahezu identische Übertragung eines andernorts definierten und praktizierten Auslegungszusammenhangs. Der schweigend einsam von Bild zu Bild wandelnde Besucher findet sich unvermittelt auf einer anderen Bühne, eingespannt in den ritualisierten Wechsel von Gesang, Gebet und Deutung. Die Kunst scheint auf in einem fremden Licht: nicht Bildungszweck und entflammte Phantasie werfen ihre Schatten. Es ist die Pflicht von Gottes Wort, in die die Pastoren sie stellen. (Und sie könnten sich dabei auf die weitaus längere Tradition berufen!) In unserem Zusammenhang allerdings tragen sie—über ihre seelsorgerische und missionarische Wirkung hinaus—mit dazu bei, die Errungenschaft eines autonomen Kunstbegriffs anschaulich und erfahrbar zu machen. Mit der Polarität von Wissen und Glauben ist die außerordentliche Spannweite der Sinngebung markiert, in die die Kunst den Betrachter entläßt. Er selbst bleibt aufgefordert, den Spielraum zu erkennen, Beobachtungen zu machen, Vergleiche anzustellen, Schlüsse zu ziehen, Verständigung zu suchen. Die äußere und innere Vielgestaltigkeit von Kunstwerken hat er selber in Beziehungsgeflechte zu binden. Dafür gibt es kein Interpretationsmonopol, weder ein wissenschaftliches noch ein religiöses. Dafür gibt es immer nur verschiedene Beispiele. Die vorliegende Dokumentation zeichnet die Veranstaltungsreihe nach, die 1982 an den vier Adventssonntagen in unserer Gemäldegalerie "vor Ort" stattgefunden hat. Die Predigten wurden jeweils gekürzt, auf die Wiedergabe der Liedertexte und Bibelstellen wurde verzichtet, ebenso, bis auf zwei Auszüge, auf die Gebete und Fürbitten. Der Dank gilt noch einmal allen, die an diesem Experiment mitgewirkt haben. A.L.
These
Bildersäle werden betrachtet als Jahrmärkte, wo man neue Waren im Vorübergehen beurteilt, lobt und verachtet; und es sollten Tempel sein, wo man in stiller und schweigender Demut, und in herzerhebender Einsamkeit, die großen Künstler, als die höchsten unter den Irdischen, bewundern, und mit der langen, unverwandten Betrachtung ihrer Werke, in dem Sonnenglanze der entzückendster' Gedanken und Empfindungen sich erwärmen möchte. Ich vergleiche den Genuß der edleren Kunstwerke dem Gebet. Harret, wie beim Gebet, auf die seligen Stunden, da die Gunst des Himmels euer Inneres mit höherer Offenbarung erleuchtet; nur dann wird eure Seele sich mit den Werken der Künstler zu einem Ganzen vereinigen. Kunstwerke passen in ihrer Art so wenig, als der Gedanke an Gott in den gemeinen Fortfluß des Lebens. Ein köstliches Gemälde ist nicht ein Paragraph eines Lehrbuchs, den ich, wenn ich mit kurzer Mühe die Bedeutung der Worte herausgenommen habe, als eine unnütze Hülse liegenlasse: vielmehr währt bei vortrefflichen Kunstwerken der Genuß immer, ohne Aufhören, fort. Der echte Genuß erfordert eine stille und ruhige Fassung des Gemüts und äußert sich nicht durch Ausrufungen und Zusammenschlagen der Hände, sondern allein durch innere Bewegungen. Es ist mir ein heiliger Feiertag, an welchem ich mit Ernst und mit vorbereitetem Gemüt an die Betrachtung edler Kunstwerke gehe; ich kehre oft und unaufhörlich zu ihnen zurück, sie bleiben meinem Sinne fest eingeprägt, und ich trage sie, solange ich auf Erden wandle, in meiner Einbildungskraft, zum Trost und zur Erweckung meiner Seele, gleichsam als geistige Amulette mit mir herum und werde sie mit ins Grab nehmen. (aus: H. W. Wackenroder Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders, Berlin 1791)
Gegenthese
Museen: Friedhöfe! Wahrlich identisch in dem unheilvollen Durcheinander von vielen Körpern, die einander nicht kennen. Museen: öffentliche Schlafsäle, in denen man für immer neben verhaßten oder unbekannten Wesen schläft! Museen: absurde Schlachthöfe der Maler und Bildhauer, die sich gegenseitig wild mit Farben und Linien entlang der umkämpften Ausstellungswände abschlachten! Einmal im Jahr mögt ihr dahin pilgern, wie man zu Allerseelen auf den Friedhof geht das gestatte ich euch. Einmal im Jahr mögt ihr einen Blumenstrauß vor der "Mona Lisa" niederlegen, das gestatte ich euch. Aber ich lasse nicht zu, daß man täglich in den Museen unser kümmerliches Dasein, unseren gebrechlichen Mut und unsere krankhafte Ursache spazieren führt. Warum will man sich vergiften? Warum will man verfaulen? Und was kann man auf einem alten Bilde schon anderes sehen als die mühseligen Verrenkungen des Künstlers, der sich abmühte, die unüberwindbaren Schranken zu durchbrechen, die sich seinem Wunsch entgegenstellen, seinen Traum voll und ganz zu verwirklichen? Ein altes Bild bewundern, heißt, unsere Sensibilität in eine Aschenurne schütten, anstatt sie weit und kräftig ausstrahlen zu lassen in Schöpfung und Tat. Wollt ihr denn eure besten Kräfte in dieser ewigen und unnützen Bewunderung der Vergangenheit vergeuden, aus der ihr schließlich erschöpft, ärmer und geschlagen hervorgehen werdet? (aus: Marinetti, Manifest des Futurismus, 1909)
Synthese?
Bevor das Museum von Lagos (Nigeria) in einen Tempel umgestaltet wurde, beschickten es gewöhnlich die verschiedenen Stämme des Landes mit religiösen Gegenständen. Nach einigen Jahren wurden diese Sendungen seltener. Die Eingeborenen versteckten die Kultgegenstände, da sie befürchteten, eine Gotteslästerung zu begehen, wenn sie sie ausstellen ließen. Folglich fehlte dem Museum der künstlerische Nachschub und bald stand selbst der Bestand der Einrichtung auf dem Spiele. Die Lösung, die sich für das Problem fand, war gleichzeitig drastisch und pragmatisch. Es zählte einzig und allein, daß die Totems und die als mythologische Gottheiten verehrten Gegenstände im Museum blieben, um von den Touristen, die ins Land kamen, gesehen zu werden. Also überließ die Verwaltung den Museumsraum dem religiösen Kult. Die Stämme veranstalteten ihre üblichen Gottesdienste und weihten ihre Opfer den dort ausgestellten Göttern. Natürlicherweise erhöhte dies für den Fremden sogar noch den exotischen Reiz des Museums. (aus: Rojas u. a., Museen der Welt, Reinbek 1977)
Kruzifikation. Meditation zu einem Bild von Arnulf Rainer
An den vier Adventssonntagen fanden in der Hamburger Kunsthalle — angeregt durch den Museumspädagogen Joachim Lipp — Gottesdienste für Museumsbesucher vor Altären von Francke, Nolde, Dix und einem Werk von Arnulf Rainer statt. Wir geben nachstehend die gekürzte Fassung der Meditation zur Kruzifikation von Arnulf Rainer wieder, die Studienleiter P. Klaus Juhl am 2. Advent 1982 gehalten hat.
"Das Kreuz ist das zentrale Symbol des christlichen Glaubens.
Es krönt die Kirchtürme und Kuppeln der Kathedralen, Bischof und Papst tragen es auf der Brust. Auf Gräbern steht es und an Feldwegen, auf Alpengipfeln und Altären. Es schmückt die Kleider der Damen, die Uniformen der Soldaten und Generale. In Gold und Silber, edelsteinbesetzt, kauft man es beim Juwelier. Als Bundesverdienstkreuz ist es in mehreren Klassen zu haben, für die großen und weniger großen Verdienste. Aus dem Galgen des Altertums ist ein Schmuckstück geworden, aus dem Schandmal ein Ehrenzeichen, aus einer Provokation ein geschmackvolles Bijou. Aus den Katakomben und Bethäusern ist es in die Boutiquen und Kaufhäuser gewandert. Das Kreuz ist wehrlos gegen seinen Mißbrauch. Kostbarkeit, Schönheit und Inflationäre Verbreitung haben das Unerträgliche erträglich, das Anstößige glatt gemacht. Die Wahrheit, die in dem Kreuz sich symbolisiert, verlor sich auf diesem Wege.
Aufgabe der Kunst ist es, die Wahrheit zu sagen, die Schleier der Gewohnheit zu zerreißen, das Einmalige im Allgemeinen aufzuspüren, dem Formlosen Gestalt zu geben. Kunst, die nicht die Wahrheit sagen will, ist verlogen, ideologisch, ist Kitsch. Kitsch bedient Bedürfnisse, aber klärt nicht auf.
Die Wahrheit über unser Jahrhundert ist, daß es ein Jahrhundert des Schreckens, des Terrors, des Todes und der Folter ist. Auschwitz und Buchenwald, Guernica, Hiroshima und Dresden, Vietnam und Guatemala sind die Signaturen unserer Zeit. Angesicht dieser Kreuzwegstationen geschundener Völker und gequälter Seelen ist religiöser Kitsch doppelt unerträglich. Ein religiöses Kunstwerk der Gegenwart, das die Grundtatsachen unserer Zeit aus dem Gedächtnis verliert, ist zeitlos im schlechten Sinne des Wortes, ist unmöglich im vollen Sinn des Wortes. Unterwirft sich religiöse Kunst dem Wunsch der Verdrängung und dem Diktat der Verklärung, so hat sie ihre Aufgabe verfehlt.
Theodor W. Adorno hat nach dem Krieg die Frage gesteilt, ob es nach Auschwitz noch Gedichte, noch Kunstwerke geben könne. Die großen Künstler unserer Zeit haben diese Frage inzwischen mit gültigen Werken beantwortet.
Arnulf Rainer, Österreicher, Jahrgang 1929, Autodidakt, benutzt für die lange Reihe seiner Kruzifikationen Überkommene, konventionelle Formeln. Häufig verwendet er Reproduktionen klassischer Kruzifix-Darstellungen, die er übermalend verfremdet, gelegentlich montiert er sein eigenes Porträt in das Kreuz.
Dieses Kreuz ist aus billigstem Material zusammengeschlagen, Preßpappe und rohe Latten, Abfall: Ein Gang über die Mülldeponie, über den Schindanger der Zivilisation.
Kostbarkeit, Einmaligkeit, Handwerkerfleiß, Zunftgeheimnis, das alles wird man hier vergeblich suchen. Dieses Kreuz zerstört, indem es montiert wird, zugleich seine eigenen kunsthistorischen Vorbilder und unsere durch diese Bilder geprägten Vorstellungen. Hier ist ein Künstler und Bilderstürmer zugleich am Werk. Indem dieses Werk unsere Sehgewohnheiten und Glaubensgewöhnungen zunichte macht, gibt es wieder den Weg frei für die Wahrnehmung des Entsetzlichen, das damals geschah und heute geschieht: Die Todesqualen und Schmerzen, von Menschen einem Menschen zugefügt.
Das Kreuz als Zeichen des Hasses, der Unmenschlichkeit, des Sadismus. Der Haß auf das Humanum, auf den Menschen, auf den Menschensohn, der das Gesicht der Peiniger zur Häßlichkeit entstellt, findet seine Entsprechung in der gewollten Häßlichkeit dieser Kruzifikation. Der brutalen Gewalt des Kreuzigens entspricht die brutale Überwältigung unserer Sinne und ästhetischen Erwartungen, die von diesem Werk ausgeht. Dem Geschehen auf Golgatha ist die Kategorie des Schönen unangemessen.
Nicht geht es darum, in Schönheit zu sterben und den Tod zu verschönen, wie es das Ideal der Antike war. Vielmehr stirbt auch die Schönheit am Kreuz. Das Kreuz ist das Ende aller ästhetischen Wege.
Er hatte keine Gestalt noch Schönheit
Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt,
die uns gefallen hätte.
Er war der Allerverachtetste und Unwerteste,
voller Schmerzen und Krankheit.
Er war so verachtet, daß man das Angesicht
vor ihm verbarg.
Darum haben wir ihn für nichts geachtet. (Jesaja 53)
So wie wir auf die Schönheit mit höchster Beachtung reagieren, so auf die Häßlichkeit mit tiefster Nichtachtung, mit Abscheu und Grauen. Das Gewicht dieses Kunstwerks liegt eben darin, daß es uns trotz seiner Häßlichkeit zum Hinsehen und zu hoher Aufmerksamkeit zwingt. Inhalt und Form sind eins geworden.
Rot ist die Farbe des Blutes. Rot sind die Roben der Richter, Rot ist die Farbe des Feuers und der Gefahr, Rot ist die Farbe der Kaiserroben und rot ist der Mantel des Henkers ausgefüttert. Rot ist das Blut des Opfertieres.
Indem Arnulf Rainer dieses Kreuz mit Ochsenblutfarbe über und über rot anstreicht, übermalt und zudeckt, wird der alte, biblische Gedanke deutlich: Hier stirbt der Herrscher der Welt den Opfertod. Gott selbst stirbt am Kreuz. In Niedrigkeit und Verlassenheit. Um die Todesstunde Jesu verfinstert sich der Himmel, Nacht fällt über Golgatha. So ist es kein Zufall, sondern Zeugnis einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Kreuz, wenn Rainer seine Kruzifikationen als Meditationen der Nacht verstanden wissen will.
Er sagt: „Ich stehe selbst in Nacht, Finsternis und Nebel." Hier gibt einer in seinem Werk nicht mehr, als er selber hat und ist.
Ich stehe selbst in Nacht, Finsternis und Nebel — damit ist die Situation des Menschen im Advent beschrieben. Bei Paul Gerhardt heißt es: „Ich lag in tiefster Todesnacht ...", bei Friedrich von Spee:
O klare Sonn, du schöner Stern,
dich wollten wir anschauen gern.
O Sonn, geh auf, ohn deinen Schein
in Finsternis wir alle sein.
Nicht ohne Grund begegnet im Alten und Neuen Testament das Doppelsymbol von Licht und Finsternis an zentralen Stellen: Die Schöpfung beginnt mit der Herausrufung des Lichtes gegen die Macht der Finsternis und des Chaos. Die Welt vor Erscheinung des Messias beschreibt der Prophet Jesaja: „Finsternis bedecket das Erdreich und Dunkel die Völker." Das wird Inder Weihnachtsgeschichte des Johannesevangeliums aufgenommen: „Das Licht scheint in der Finsternis. Die Hirten liegen in dunkler Nacht, als der Engel zu ihnen tritt, durch die Nacht folgen die drei Weisen aus dem Morgenland dem Stern nach Bethlehem, und schließlich läßt sich das Werk Jesu zusammenfassen in der mehrfach überlieferten Geschichte von der Heilung eines Blinden.
Auch das Kreuz wiederholt mit optischen Mitteln diese Bildsprache von Licht und Finsternis, indem es Vertikale und Horizontale sich gegenseitig durchdringen läßt. Und dies ist der eine Inhalt des christlichen Glaubens: Die Überwindung der Nacht durch das Licht, die Verschränkung von oben und unten, die Geburt Gottes im Stall, der Stern in der Höhe und in der Tiefe die Krippe:
Das Ewge Licht geht da herein,
gibt der Welt einen neuen Schein.
Es leuchtet wohl mitten in der Nacht
und uns des Lichtes Kinder macht.
Krippe und Kreuz aber entsprechen sich. Sie sind aus einem Holz gemacht.
Die Inkarnation Gottes im Menschen kommt erst mit dem Tode des Menschensohnes am Kreuz zum Ziel. „Der Glaube an einen In Niedrigkeit geborenen und am Schandpfahl gehängten Erlöser widerspricht allem, was Menschen sich überhaupt unter Gott vorstellen und wünschen" (Moltmann). Der gekreuzigte Gott und der Messias im Stall sind das Ende aller religiösen Wunschvorstellungen und religiösen Allmachtsphantasien des Menschen.
Das Eingehen Gottes in die Welt des Menschen ist der Leidensweg Gottes. Gott ist nicht der apathische, in die Himmel entrückte Tyrann, als den ihn uns eine kranke, masochistische Phantasie so oft erscheinen läßt. Gott ist ein lel- dender Gott, den menschliches Leiden rührt und berührt, weil er selbst es erfahren hat. Gott ist auf seiten der Opfer, der Leidenden, weil er selbst Opfer ist. Nur indem Gott Mensch wird, kann er auch ein Gott für die Menschen sein. Das ist das bleibende Paradox, die bleibende Zumutung des christlichen Glaubens.
Ich denke, man kann auch diesen zentralen Christlichen Gedanken in dem Kreuz von Arnulf Rainer noch angedeutet finden. Wenn seine Kruzifikationen auch allermeist als monochrome Schwarzbilder konzipiert sind, so ist ihnen doch gelegentlich eine zweite Farbe unterlegt. In diesem Falle ist die Blut-, Opfer- und Herrschaftsfarbe Rot mit einem Goldgrund unterlegt, der an einigen Stellen ganz an die Oberfläche tritt.
Dieses Gold ist ein kunsthistorisches Zitat. In den biblischen Bildern des Mittelalters vertritt das Gold die himmlische, die göttliche Welt. Erst im Spätmittelalter verliert sich dieser objektivierende Goldgrund zugunsten naturalistischer Landschafts- und Interieurdarstellungen.
Indem auch auf diesem Kreuz, das so wenig mit der Tradition gemein hat, sie geradezu zerstört, das Gold aufleuchtet, stellt es sich wieder in den größeren historischen und theologischen Zusammenhang. Dem Gold eignet nach mittelalterlicher theologischer Lehre eine besondere Lichtqualität, es ist selbst Träger des göttlichen Lichtes. Als ein Künstler, der sich intensiv mit mittelalterlicher Theologie und Mystik beschäftigt hat, weiß Arnulf Rainer dies alles, und es kann somit kein Zufall sein oder nur ästhetische Notwendigkeit, wenn auf seiner Kruzifikation der Goldgrund sichtbar wird. Ochsenblutrot und Goldgrund auf der geometrischen Form des Kreuzes, gestaltet aus wertlosen und ästhetisch abstoßenden Wegwerfmaterialien: Der Eingang Gottes in die Welt des Menschen, das Leiden Gottes und die sich vorkämpfende Hoffnung des Menschen, daß Dunkel und Leid und Tod ein Ende haben mögen — das darf man aus diesem Kunstwerk eines Zeitgenossen der zweiten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts herauslesen.
In der christlichen Tradition wird Christus auch als der helle Morgenstern besungen:
Die Nacht ist vorgedrungen,
der Tag ist nicht mehr fern.
So sei nun Lob gesungen
dem hellen Morgenstern.
Das ist die Hoffnung des Christen im Advent. Es ist also eine Hoffnung, die
aus dem Dunkel kommt und die das Leiden nicht verdrängt oder als widergöttlich denunziert.
Dem Paradox des christlichen Glaubens von der Ankunft Gottes bei den Menschen entspricht das Paradox der christlichen Hoffnung, daß auch im beschädigten Leben das gelungene Leben möglich ist. Daß die von uns selbst verursachten Schrecknisse und Alpträume ein Ende haben und zunichte werden, wenn der helle Morgenstern aufgeht.
Hier muß das beschreibende, erklärende, objektive Sprechen ein Ende haben. Es verwandelt sich in die Sprache des Gebetes, es ist die der Hoffnung angemessene Sprechweise:
Ich lag In tiefster Todesnacht,
du warest meine Sonne,
die Sonne, die mir zugebracht
Licht, Leben, Freud und Wonne."
Einzelnachweise
- ↑ Lauritz hat es hingekriegt.
- ↑ Michael Hübl, Kunst im Netzwerk. Eine Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle als Denkmodell, in: Kunstforum Band 88, 1987, S.192-204.
- ↑ https://www.bing.com/search?q=Kunst%20im%20Netzwerk&pc=cosp&ptag=G6C999N1234D011115A316A5D3C6E&form=CONBDF&conlogo=CT3210127
- ↑ Alsleben/Eske (Hg.), NetzkunstWörterbuch 2001, ISBN 3-8311-2259-8, S.264-69
- ↑ Auf Einladung des Kanzlers
- ↑ Orientierung. Berichte und Analysen aus der Arbeit der Evangelischen Akademie Nordelbien. 1-83, S.4-6
- ↑ references