Der Galeriebesuch - ein Riesenpuzzle
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Vive l´Esprit! Der Galeriebesuch – ein Riesenpuzzle
Einpassen - nicht anpassen!
16./17.Jahrhundert
Über 20 Künstler (u.a. Rubens, van Eyck) malen Bilder mit Landschaften, mythologische und biblische Themen, Porträts etc., die eines Tages in der Gemäldesammlung eines kunstbegeisterten Kaufmanns in Antwerpen zu sehen sind. Nicht alle zur gleichen Zeit, sondern über einen Zeitraum von fast 20 Jahren am Beginn des 17. Jahrhunderts.
1628
Ein (1) Künstler (van Haecht) malt die Gemäldegalerie dieses angesehenen und wohlhabenden Kaufmanns Cornelis van der Geest und die in ihr versammelten 40 Bilder. Dazu muss er alle Gemälde unterschiedlich verkleinern, damit sie auf die Wände der Galerie und auf die Leinwand passen. Und so misst ein Original-Rubens-Bild von 200 x 300 cm Grösse auf dem Galeriebild z.B. nur noch ganze 4 x 6 cm!
1956
Der Kunsthistoriker Julius Held untersucht das Galeriebild akribisch genau und stellt fest: es ist ein Riesenpuzzle, zusammengefügt aus originalen Kunstwerken und Kopien, aus verschollenen Werken und Abgüssen, aus Personen von Rang und Namen, die allesamt Gäste des Sammlers waren – allerdings im Verlauf von vielen Jahren: Autorenschaften, Raum- und Zeitbezüge sind kunstvoll aufgehoben und zu einem neuen Ganzen geistvoll zusammengefügt worden: Vive l´Esprit! Das ist übrigens auch eine Huldigung an den Sammler – Herrn van der Geest, zu lesen über dem Torbogen, den gerade der Maler des Bildes (sic!) durchschreitet, der zugleich Kurator des Sammlers ist.
1975
Ein Spiele-Verlag benutzt nun diese gemalte Gemäldegalerie als Vorlage für ein Puzzlespiel: Dafür wird die gesamte Galerie, nun auf einen Karton gezogen, mit einer Maschine in 3.000 einzelne Teile zerschnitten – und durcheinandergewirbelt.
Fehlt: Sack mit 3000 Teilen, auf der Schnur
1976
Zu den drei Kulturtechniken des Abendlandesist eine vierte gekommen. Zu Rechnen, Schreiben und Lesen: das Puzzeln.
So lautet die Ankündigung eines Seminars an der Bremer Universität, Fachbereich Kunstpädagogik:
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15 Studenten der Kunstpädagogik der Uni Bremen fügen die Gemäldegalerie aus den 3.000 Puzzle-Teilen wieder zusammen
und beginnen, sie durch malerische Vergrösserung (1:800) der einzelnen Puzzleteile wieder in die „"Wirklichkeit“ zurückzuholen.
Im heimatlichen Atelier wird mit Freunden und Dorfbewohnern von Q. die Arbeit am Riesenpuzzle fortgesetzt.
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Das Riesenpuzzle. Statement der bremischen Kunststudenten am 23. Januar 1977
"Dem restaurativen Charakter bürgerlicher Kunstpraxis und Kunstrezeption ist ein empfindlicher Schlag versetzt worden.
Achim Lipp, ein Exponent der Hamburger Szene, entwickelte in jahrelanger Forschungsarbeit ein völlig neues Kunstkonzept.
Das Kunstwerk wird der kapitalistischen Verwertung durch extensive Herstellungsdauer entzogen(Durchschnittlich zehn Jahre).
Die gigantischen Ausmaße (Formate) seiner Kunst verhindern dauerhaft eine Archivierung durch private Kunstsammler.
Wir werden diese revolutionäre Kunst Praxis mit Aufmerksamkeit verfolgen und versuchen, daran mitzuwirken."
Reise mit 10 Studenten für 7 Tage von Bremen nach Kassel zur documenta 6 im Juni 1977
Man campiert für 1 Woche auf einem Campingplatz in Kassel. Für die Aktionen im Freigelände der Documenta 6 ist alles Material im Gepäck dabei: 12 Staffeleien, , 35 vorgesägte weiss grundierte Puzzle-Elemente, Farben, Pinsel, Mallappen etc., eine Riesenstaffelei für die Präsentation des fertigen Bildes. Das Freiluftatelier für aktive Besucher der documenta vor dem Hauptgebäude der Documenta 6 in Kassel 1977. d6 Chef Schneckenburger verjagt die Truppe und schickt sie in die Fuldaaue. Die Präsentation des fertigen Riesenpuzzle-Bildes jedoch schliesslich vor dem Kaufhaus BILKA, gleich neben dem Haupteingang ins Fridericianums.
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1977-1979
In vielen Städten, so in Bremen, Hannover, Hamburg, Kiel etc., wird ein fliegendes Freiluftatelier aufgebaut - und über 600 Bürger und Bürgerinnen, Jugendliche, Junge und Alte stellen sich an die Staffeleien und wirken daran mit, die Gemäldegalerie und ihre einzelnen Kunstwerke wieder neu zu erschaffen.
Jeder setzt die winzigen Ausschnitte der Galerie so um, wie er sie sieht: Farben und Formen, Proportionen und Details: ein jeder malt, was er mit eigenen Augen erkennt, nach bestem Wissen und Können.
1977
Die Ausstellung der Bremer Weserburg zeigt eine ganze Reihe der inzwischen fertg gestellten Riesenpuuzles der Gemäldegalerie des van Haecht:
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Rolf schraubt mit
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2001-2002
15 Studenten der Kunstpädagogik der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle/Saale untersuchen die Gemäldegalerie des Cornelis van der Geest.
Sie untersuchen einzelne Kunstwerke und die Gäste in der Galerie des Kaufmanns van der Geest wie etwa Rubens, van Dyck, den polnischen König, den spanischen Erzherzog Albrecht und seine Frau Isabella, den Bürgermeister von Antwerpen, den Chef der Münze, Malerkollegen und so fort.
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Sie entdecken die Leidenschaft des Sammelns, die in den europäischen Kunst- und Wunderkammern des 16. und 17. Jahrhunderts an Fürstenhöfen und Kaufmannsdielen ihren ersten grossen Ausdruck verwirklicht und damit die Ursprünge unserer modernen Museen schafft.
2002
Die Galerie Templerhof auf Gut Mücheln stellt das sich ständig weiter entwickelnde Projekt Vive l´Esprit! Der Galeriebesuch – ein Riesenpuzzle zum ersten Mal öffentlich vor. Die MZ berichtet darüber
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2003 (Gert Bekkering
Danae, Fehlendes Puzzleteil anfertigen Danae als Holzpuzzle zurück Bild seines eigenen Kunstpuzzles Don Q. Aufsatz in der Internationalen Zeitschrift der Puzzle-Freunde
2006 (Frank Stilpe)
Fortbildungsveranstaltung für Hamburger Kunsterzieher an zwei Tagen, für eine zweite Version der Danae!
Von der Puzzle-Originalvorlage hatte sich allerdings ein Element auf und davon gemacht - das dann von Geert Bekkering 2002 passend nachgearbeitet wurde.
September 2002 Galerie Templerhof
Das Seminar an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle präsentiert seine vertiefte Arbeit an der Gemäldegalerie
2003 Die als Puzzle reproduzierten Einzelbilder der Gemäldegalerie wiederum als Puzzles im handlichen Format 24 Teile auf 20x30 cm.
Beispiel "Speisung der 5000" eines unbekannten Künstlers aus der Gemäldegalerie des van Haecht, in einer Rekonstrukttion aus der Hand von 30 Amateurmalern im Jahre 1977, erneut zerlegt von Achim Lipp im Jahre 3003.
Danae
Das Bildnis der Danae verdient ganz besondere Aufmerksamkeit:
Es steht ganz zentral im Vordergrund der Galerie, mittig platziert. Es trägt die Signatur des Malers der Gemäldegalerie, das ist van Haecht. Er hat in diesem Jahr 1628 nicht nur alle Bilder der Galerie reproduziert, sondern auch sein eigenes originäres Werk: Das ist in seinem Atelier zeitgleich in entsprechendem Großformat entstanden!
Seine Signatur hat also einen doppelten Boden. Möglicherweise hat er an beiden zugleich gearbeitet: am Original der Danae und an seiner Reproduktion. Da wird recht differenziert mit den Wirklichkeitebenen jongliert! Chapeau!
Verschieden Werkphasen der "neuen" Danae
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