Difference between revisions of "Art Network"

Line 41: Line 41:
 
Netzwerk Lukrezia Foto-Netz.jpg| Arbeit mit dem Papiermodell, hier Goethe-Institut Mailand
 
Netzwerk Lukrezia Foto-Netz.jpg| Arbeit mit dem Papiermodell, hier Goethe-Institut Mailand
 
Bilderbrücken Cebit 1986-poster.jpg|Arbeit mit dem Papiermodell, hier CEBIT Hannover 1986
 
Bilderbrücken Cebit 1986-poster.jpg|Arbeit mit dem Papiermodell, hier CEBIT Hannover 1986
 +
 +
</gallery>
 +
 
<youtube>AxyMtqxcNM8</youtube>
 
<youtube>AxyMtqxcNM8</youtube>
</gallery>
 
  
 
== Vorarbeiten ==
 
== Vorarbeiten ==

Revision as of 13:21, 23 June 2020

Art Network/Kunst im Netzwerk
Eine Ausstellung mit 140 Bildern zu 6 Themen und 8 IBM Personal Computer in der Hamburger Kunsthalle.
Erste benutzerorientierte interaktive Computeranwendung in einem Kunstmuseum ueberhaupt.

10.Dezember 1986 - 8.Februar 1987 Hamburger Kunsthalle, Hamburg.
25.März - 7.April 1987 Forte di Belvedere, Florenz [1].

siehe auch link Michael Huebl: Kunst im Netzwerk


Wie alles begann

Bilderpaare

Uecker - Palmezzano

siehe link Bilderbrücken

Aus der Arbeit mit Bilderpaaren entstanden die Themenfelder, die dann mit assoziativ gefundenen Kunstwerken weiter ausgestattet wurden.

Bilderbrücken fordern den aktiven Betrachter.

Bilder erzeugen Bilder
(siehe link Bilderbrücken)

Lukretia im Netzwerk

Bildplattensymposium 1986

Vorarbeiten

Zu Funktion und Struktur 
der Computer-Installation" SPIEL IM NETZWERK

Das Computer Camp ist Teil der Ausstellung KUNST IM NETZWERK, die wir zu Ehren von Alfred Lichtwark, dem ersten Direktor der Hamburger Kunsthalle, veranstalten (12.1986 bis 1.2.1987).

Es ist korrespondierendes Element zu den insgesamt sechs Themenbereichen ("Mund der Wahrheit", "Gott und Geld", "Zwischen Baum und Borke", "Gliederzirkus", "Schutzmantel", "Dies ist mein Leib"), die nach dem bei uns entwickelten und erprobten Verfahren der "Bilderbrücken" aufgebaut sind. Diese Themenbereiche müssen zunächst vom Besucher durchwandert werden, bevor er das Camp im Säulensaal erreicht. Hier stehen dem Publikum die Rechner zur Verfügung, die ihm einen weiteren, von seiner persönlichen Wahrnehmung geleiteten Einstieg in die Bilderwelt von KUNST IM NETZWERK anbieten.

Der Zugang zu den Computern nun ist nur durch die Eingabe von Koordinaten/Codes möglich. Diese sind den Informationstafeln in der Ausstellung zu entnehmen.
Der Eingangscode bezieht sich auf ein Kunstwerk, das dann als digitalisiertes Bild auf dem Schirm erscheint. (Ich arbeite mit einem digitizer der Firma Fricke / Berlin).

Es folgen Angaben zu Künstler und Werk in der Form eines abstracts sowie ein Hinweis auf das am Arbeitsplatz befindliche Ausstellungsmagazin, den Katalog.

Es erscheint die Aufforderung, assoziative Begriffe zur Bestimmung des aktuellen Kunstwerkes zu finden und einzugeben über die Hilfsfunktion sind Musterbeispiele aufrufbar. Auch von diesen können Wörter gewählt werden.


Nach Ende der Eingabe sucht der Rechner die zu allen ca. 130 Bildern bereits vorhandenen Begriffe (werden in der seit Monaten laufenden Vorphase gesammelt) nach Schnittmengen ab, wobei der Besucher zunächst die Begriffskombination vorgibt, nach der gefahndet wird. Bringt das Begriffsnetz eine Unzahl von Bezugsobjekten oder aber überhaupt keins zutage, dann muß die Begriffskombination variiert werden. Das geschieht entweder durch Aufrufen der Hilfsfunktion und weitere Zuwahlen oder aber durch Eingabe neuer Begriffe, die der Benutzer durch weitere Beobachtung und weiteres Differenzieren aktiviert hat.

Hat eine Schnittmenge zu einem Bild geführt (z.B. durch die Kette "Gemeinde-Fisch-tot"), wird dieses auf dem Schirm aufgerufen. Es könnte sich um die Arbeit von Kienholz handeln. Der Besucher hat die Kombination an dem neuen Objekt zu überprüfen, denn immerhin war nicht er es, der sie im Hinblick auf dieses Objekt gefunden hat. Das waren Besucher vor ihm. Den am wenigsten passenden Begriff ersetzt er durch einen treffenderen und - geht wieder auf die Suche nach einem korrespondierenden Kunstwerk. Möglicherweise mit der Kombination "Fisch-tot-Kreuzigung".
Sollte kein match zustande kommen, wird das Netz weiter geflochten. Vielleicht probiert er "Fisch-tot und/oder Kreuzigung und/oder Leib und/oder Abendmahl und/oder schmecken und/oder hilflos...".

Unter Umständen wird ihm dann die Arbeit von Lassnig vorgeführt oder die von Schwarzkogler oder aber die von Heinz...

Es gibt nur die Grenze des assoziativ aktivierten Wortschatzes, in dem sich Erfahrung und Kenntnis des Betrachters niedergeschlagen haben, und unsere begrenzte Auswahl von Ausstellungsobjekten. Alle vom Besucher eingegebenen Begriffe wandern in den "Opferstock" von KUNST IM NETZWERK. Auch dann, wenn sie für das Flechten des Netzes nicht herangezogen wurden, weil sie im Grunde doch nicht so zutreffend schienen.
Sie gehen nicht verloren, sie stehen vielmehr in Warteposition, um von nachfolgenden Benutzern aufgerufen und verwoben zu werden. Die Verkettung nach diesem Prinzip wird einige Male vorgenommen.

Damit das SPIEL IM NETZWERK nicht durch Dauerspieler blockiert wird, werden wir die Begrenzung durch einen Zeitrahmen vorgeben, der zwischen 10 und 15 Minuten pro Besucher liegen wird. Am Ende der Fischzüge im NETZWERK wird der Grundplan der Ausstellung ausgedruckt, auf dem die Standorte aller verknüpften Werke besonders gekennzeichnet sind.

Als Leitfaden steht dem Besucher seine ebenfalls ausgedruckte Begriffsabfolge zur Verfügung.
Er hat also anschließend Gelegenheit, seine Kombination von Kunstwerken an den Originalen nachzuvollziehen und dabei möglicherweise erstaunt und erfreut festzustellen, dass er selber andere Nachbarschaftsbeziehungen mit anderen Bezugspunkten herausgefunden hat als die Ausstellungsmacher.

Sie macht ihm nochmals anschaulich, wie sich sein Sinnzusammenhang ergeben hat: nämlich durch die assoziative schrittweise Veränderung eines Begriffsgefüges, das sich bei der Betrachtung von Kunstwerken einstellt.

Grundausstattung mit assoziativen Begriffen

Begriffe provozieren, einsammeln, zuordnen: Dias von ausgewählten Kunstwerken der geplanten Ausstellung in Seminaren, Klassen und bei Freunden gezeigt - aber immer nur kurz . Linierte Handzettel für Begriffe 1-40 ausgegeben mit der Aufforderung: "Nun schreibt!! Gleich kommt das nächste Bild! Dann der nächste Zettel!" Die Begriffe wurden später in das System eingepflegt. Im Laufe der Benutzung dann durch die "aktiven Betrachter" während der Ausstellung entweder bestätigt oder durch neue ergänzt. Die auf den Keywords basierende assoziative Navigation führte dann zu den unterschiedlichsten Verknüpfungen von Kunstwerken der Ausstellung.

weiter bei Mind Spheres

Darum geht es

IBM Einladung


Im Netzwerk von Fragen.

A Network of Questions

Achim Lipp

(in: ART NETWORK. An Exhibition with 100 pictures on 5 themes and 8 IBM-personal-computers. Hamburger Kunsthalle (Hamburg, Germany), Forte di Belvedere Florence (Italy) 1986/87)

Question: Art is now all the rage. Museums are popping up everywhere, people are crowding in, pushing past the pictures. A full house is something impressive. But how do the visitors cope with what they see there?

AL: We are all familiar with the situation. We see a work of art and take a position on it. It happens somehow, unconsciously, unspoken, spontaneously. Many visitors leave it at this initial, emotional position. I don't think that's the right way to go bout it. A work of art is capable of triggering much more.

Question: But that is possible only is an expert with the necessary training, if one has gone to university, possibly even studied art. The lay public has almost no chance to come to a deeper understanding.

AL: This is a widely held view, and those who are professionally involved with art are not entirely blameless. But there are ways. "Art Network" demonstrates one of them. The first step towards an understanding of art is for the viewer to have a clear idea of his own feelings. He should ask himself: "What do I feel? What triggers this feeling in me? Am I the only one to feel this?"

Question: But how is he to ask himself these questions and to answer them? We are not in school. There are no teachers who could receive my answers and put them up for discussion. We are in a museum.

AL: That is correct. And it would be nice if we could exchange these initial, spontaneous impressions with other visitors to the exhibition and compare our impressions with those of the others.

Question: But who wants to do that in public, in these "hallowed halls", among perfect strangers?

AL. We are aware of this difficulty. That is why we have developed a completely new system of communication for the visitors to the exhibition. It allows the visitors to record their feelings, impressions and associations in a neutral place in order to expand and deepen them while they go through the exhibition. This neutral place is a machine, a personal computer, into which the visitor can enter his comments concerning the pictures. The computer then combines these comments and assesses them.

Question: How does that work in detail?

AL: You go through the exhibition and look at the pictures. Let yourself be guided completely by your feelings, spending more time only one those pictures which particularly appeal to you. In your catalogue pad you will find a work-sheet for each picture. Here you record your immediate impressions in a few words.

Question: So I find words for my spontaneous impressions, for my feeling? And I write them down?

AL: Correct. And then, when you have completed your round you go to the nearest personal computer. It will ask for your notes, store them, and compare them with those of all the other visitors. Upon request it will show you a list of the associations recorded by other visitors. It will tell you if other visitors had similar impressions to yours when they looked at the same pictures. Or if they experienced the same feeling when they were looking at quite different pictures. You can then have the computer show you the pictures on the monitor screen and find reasons for the agreement.

Question: I see. There is a sort of interplay in which all of the visitors who entered their impressions before me are involved. Without their being present however. Does that mean that we, the viewers, interpret the pictures for ourselves?

AL: Yes. And no idea, no association, no reawakened memory is lost. Everything is in the computer. The visitors weave a network of statements on the individual works of art that grows denser and denser. And at the same time, they continuously enrich the relationship of the artworks to each other.

Question: Which only consist of individual words, unrelated terms, if I have understood you correctly. Sentences are not wanted?

AL: Sentences are not wanted. First of all, because they are not every one's cup of tea, and secondly the formulation of sentences blocks the spontaneous and imaginative access on the part of the eye and the brain. You might call this “pictures explaining pictures”. In a different constellation for each visitor, in his own constellation.

Question: Each visitor designs his own system of references, designs a part of the "Art Network" system?

AL: That's right. In each case the terms that he enters paves the way for him to the next picture. These paths then link up to form the network. Actually, this individual interweave of pictures that results from this process is the most important thing. The relationships are the thing that matters, not the individual and unrelated objects. I think this is the essential difference between this exhibition and previous opportunities to become involved with art.

Question: But the first step is always to look at the works of art ...?

AL: ... as is the final step. The visitor whom we have so consciously guided into a creative confrontation with art, will then start a second round through the exhibition. He will see how much the dialogue with the computer has broadened his understanding of art. And how much more intensively he can now continue the dialogue with the pictures. By the way, the computer also prints out a list of your personal interpretations for you. In the literal sense, too, your encounter with art becomes a lasting experience.

Die Netzwerke

Erstes Netzwerk: Gliederzirkus

Von sich entblätternden Knochengerüsten und den schmiegsamen Kettengliederfiguren, dem sich vom Hieroglyphengrund lösenden Geistermann von Penck und dem blauen Plastikresteriesenindianer, der beim nächsten Tanzschritt wieder in den Haufen modernen Abfalls zurückfallen wird; vom vollreifen Gemüseporträt des Herrn Herbst und dem wahren Gesicht von Frau Luna, das sie den beiden Astronauten enthüllt; vom Standbein der hölzernen Bronze von Shapiro und von der zur Säule erstarrten Friederike Pezold, die in den Sichtfenstern ihren ständig verrutschen‑ den Körper zu bändigen sucht, dazu das Mienenspiel des Fahndungsgesichts von Kracke und das vom Schädel abgezogene Antlitz; der Blick in die Studiensammlung eines Henkers (?) und auf das am Bildrand abgelegte Unterarmskelett des Munch, daneben die ausgerissenen Augen auf dem Präsentierteller; von den stillen Händen auf dem Schoß und den zerfetzten Leibern am Galgenbaum.

Zweites Netzwerk: DAPHNE

Von unerfüllter Liebe, von Angst und Lust und Gewalt; von der Verfolgungsjagd durch Feld und Wald, dem leidenschaftlichen Apoll und der jungfräulichen Daphne und ihrem Wunsch, auf ewig so zu bleiben, von ihrer Rettung und der Verwandlung von Fleisch in Holz, von Haut in Borke; von den drei stocksteifen Grazien, die Ball spielen, oder ist es der Mond? vom belebten Geäst, der kecken Daphne von Burmeier und der hochmütig gealterten von Klee; von der tödlichen Umarmung; von der Zuflucht im Baumkörper und der laubtragen den Kopfgeburt des Parmigiani; vom Baum des Lebens und dem Baum des Todes und von den Versuchen, in der Natur nicht nur die Natur zu suchen; von der zärtlichen Annäherung an eine Eiche und dem Dialog mit ihr, wobei sie mehr zu sagen hat als das Rauschen ihrer Blätter ahnen läßt...

Drittes Netzwerk: SCHUTZMANTEL

Von Künstlern mit ihren prächtigen Roben, von Ordensmantel, Morgenrock, von Hermelin und Ritterrüstung; von der geliehenen Macht in geliehenem Kostüm; vom Stolz, mit dem Polke sich in die mit Schimpfkanonaden bemalte Leinwand hüllt, und vom Spiel, das Knizak und Klauke mit zwei Jacken treiben; vom Künstler als Schneider, vom Kleid als Skulptur, von Filz und von Segeltuch und davon, daß sich die Sache durchs Angucken nicht erfahren läßt; vom halbierten Umhang des Heiligen Martin und dem Lebensmantel auf den Schultern des Etienne Martin, der unter der wachsenden Last in die Knie zu sinken droht; vom liebevoll aufgeschlagenen Umhang der Madonna und der tödlichen Bandage aus Mullbinden und Rasierklingen, die kein Pharaonenbegräbnis in Aussicht stellt; vom Bleimantel und dem Tuch, das dem Opfer Geborgenheit suggeriert und uns vom Anblick befreit...

Viertes Netzwerk: Dies ist mein Leib

Von der wunderbaren Vermehrung der Brote, der Fische, des Weins und der Gläubigen; von den goldenen Ähren auf dem Kleid der Maria und dem Heuhaufen mit den Autoreifen; den geplatzten Seifenblasen, dem Stundenglas, die Vergebung der Sünden und die Schlange im Weinglas, und wie der glitschige Fisch dem Schwarzkogler am nackten Körper runterhängt und dieses Tier dann in Gold davonschwimmt und sein armer Vetter, in Leder und gedörrt, auf einem Altar Platz gefunden hat, neben einer Plastiklilie; und von den großen Fischen, die die kleinen fressen und die dann alle bei der Sintflut doch draufgehen; von dem verlassenen Frühstück samt aufgebahrtem Matjes, dem Fertiggericht in Alufolie, dem ausgewickelten Butterbrot in den schwieligen Händen und der Arbeit, die jetzt ruht; von Vostell, der dem Theaterchef telegraphisch mitteilt, daß er die Grenze zwischen Arbeit und Vergnügen, zwischen Wirklichkeit und Illusion, zwischen Straße und Theater mit genau 1164,5 Brotlaiben gezogen hat; und von unserem lieben Publikum, daß sich mit Nägeln und Stiften auf der Bleiplatte des Toastbrotes von Jasper Johns verewigt hat und der Allgegenwart Gottes im Gold...

Fünftes Netzwerk: MUND DER WAHRHEIT

Von der Ehebrecherin, die dem steinernen Maul nicht entkommen wird und dem Schelm, der daran nicht unschuldig ist; vom weisen König Salomon, dessen Löwe auch nicht ohne war und der Mutprobe Warhol's in Neapel mit Beuys an der Hand; von dem dramatisch angebissenen Pfannkuchen, der sich vom Teller erhoben hat und eher uns zu fressen droht als wir ihn; von den Gesichtern des fröhlichen und des tragischen Spiels, von männermordenden Frauen und dem bitteren Ernst, der Köpfe rollen ließ; vom Tor zur Hölle und anderen Schreckmäulern der Nacht und dem Beweis, der durch die Hand in der warmen, feuchten Wunde des wiederauferstandenen Herrn geführt wird; vom Mund, der Lüge und Wahrheit gleichermaßen beherrscht und vom Mund, der Gold schluckt und Blech redet, wie es bei Heartfield heißt...

Sechstes Netzwerk: GOTT UND GELD

Von den Verkleidungs- und Verführungskünsten des Zeus und seinem Reichtum und seiner anhaltenden Lust, von dem Einwurf-schlitz für Münzen in Spielautomaten und Spartöpfe; die Erinnerung an das Märchen vom Sterntaler und die Schürze voller Geld; von der putzigen Kartoffel in den Händen des Mädchens und dem golden-göttlichen Lichtfinger, der durch das Fenster reicht und an der erdigen Knolle sein Wohlgefallen hat; von der Venus und den Dollars in Aspik und der zugeknöpften Kaufmannsfrau, die sich ihr Geschmeide so umgehängt hat, daß die Taler mit Kaiser und König ihr reichlich unter den Nabel geraten sind - was tief blicken läßt, und von der Schraubzwinge aus Stahl mit den Fünfmarkstücken zwischen den Schenkeln; von dem handgeschmiedeten Taschenrechner und der matt beleuchteten Ausstellung von liebevoll gemalten Dollarnoten mit Präsident von Kienholz und Daumenabdruck statt Wasserzeichen und vom dem Geschäft, das Yves Klein betrieben hat, indem er den Göttern auf dem Wasserwege das Gold zurückgab und dafür den Menschen ein Stück vom Blau des Himmels herunterschicken ließ, Zertifikat beiliegend...


Blick in die Ausstellung

Sich umsehen-Bezüge diskutieren-Assoziationen im Heft eintragen-am PC eingeben und navigieren


Blick in das Computercamp


Nachbereitung

Blick in die Blätter

RENATE RAMASAMY schreibt am 20./21. Dezember 1986 im Hamburger Abendblatt:

"Kunst im Netzwerk“: Computer als Kunsterzieher

Im Jahre 1897 schrieb Alfred Lichtwark, erster Direktor der Hamburger Kunsthalle und führender Vertreter der Kunsterziehungsbewegung, seine"Übungen in der Betrachtung von Kunstwerken". Mit der "Kunst im Netzwerk" will jetzt das Museum neue Wege der Interpretation von Bildern und Objekten vorstellen.

Während der offizielle Trend in Richtung Repräsentation geht, gehen wir auf "Animation", sagt Achim Lipp, der als Leiter der Museumspädagogik die Ausstellung konzipiert hat. Animieren — über das Auge und nicht über den Kopf — sollen 120 Werke unterschiedlicher Epochen. Sie stammen aus dem Museum und von Leihgebern und wurden unter sechs Schwerpunkten in sechs Räumen — dem "Netzwerk" — zusammengefasst.

Der Besucher beginnt seinen Rundgang ausgerüstet mit einem Arbeitsheft, in dem jedes Kunstwerk verzeichnet ist, und einem Bleistift. Damit soll er jeweils neben den Abbildungen seine eigenen spontanen Eindrücke und Gefühle bei der Betrachtung der Bilder eintragen.

Im Foyer wird unter dem Thema „Gliederzirkus" das zerstückelte Menschenbild dargestellt. Tony Craggs Indianer ("Blue skin") aus blauen Plastik-Abfall-Teilen steht dort ganz selbstverständlich neben Altmeisterlichem wie P. F. Albertis "Malerakademie", oder neben Goyas massakrierten Männern ("Große Heldentat mit Toten").

Das Stichwort "Daphne" nimmt nach Marcanton Raimondis Werk "Apollo und Daphne" die Thematik der Verwandlung Daphnes in einen Baum auf. Ihm sind Objekte wie Timm Ulrichs "Natur-Teile" — drei Baumstämme mit Tarnfarben-Anstrich — ebenso zugeordnet worden wie die Vergewaltigung eines Balkens ("Umformer XXXIV") von Wolfgang Liesen.

Der "Schutzmantel" betitelte Raum zeigt den Künstler, der meint, sich schützen oder sich prächtig machen zu müssen. Lovis Corinth erscheint in einem Selbstbildnis im martialischen Harnisch, Ernst Ludwig Kirchner drängt sich im gestreiften Mantel protzig vor sein bescheiden im Hintergrund angesiedeltes Modell, Rembrandt gefällt sich im pelzbesetzten Rock mit Säbel.

Es ist ein Querschuss durch alle Jahrhunderte, mit dem Lipp „über die Augenwahrnehmung neue Bezüge schaffen will, in die man sonst kein Bild je gestellt hat". Kunstgeschichtliche Vorkenntnisse brauche man dazu nicht mehr.

Wer sich dann noch sehend und schreibend durch die Netzwerk-Räume "Dies ist mein Leib", dem Motiv der Verwandlung und Verwundung, dem„"Mund der Wahrheit", von Ehebrecherinnen und männermordenden Frauen sowie "Gott und Geld" gekämpft hat, kommt in den aktuellen Teil der Ausstellung.

Nach der Animation beginnt dort die Aktivierung des Besuchers und zwar mittels acht Computern der Firma IBM, die das Unternehmen mit einer halben Million Mark bezuschusst hat. In der zum Computer-Camp umfunktionierten Säulenhalle darf er nun seine Aufzeichnungen in Stichworten in den Computer eingeben. Dabei können die gesehenen Werke noch einmal — in hervorragender Qualität — auf den Bildschirm geholt werden und man kann abrufen, womit die Vorgänger den Computer gefüttert haben. Das Ganze passiert streng anonym, für den Datenschutz ist gesorgt.

Diese Schau sei nicht für jene gedacht, die sowieso keine Schwierigkeiten haben, mit Kunst umzugehen, sagt Lipp. Wer vor einem Goya stundenlang meditieren kann, bitte. Es geht hier um die jungen Leute, denen wir immer von unserem kulturellen Erbe erzählen und die sagen "ich lach' mich schlapp“. Die sonst nicht durchs Museum stiefeln, sondern ihre Erfahrungen mit Video-Clips sammeln. Erstaunlich ist zumindest die Begeisterung und Geschicklichkeit, mit der schon 12jährige Schulkinder am Bildschirm operieren — und die können es am besten.

"Junge Leute haben andere Rezeptionsformen entwickelt", sagt Achim Lipp. "Wir dürfen den Anschluss nicht verlieren. Während Kunst bisher von Museumsleuten verwaltet wurde, findet hier eine Rückeroberung durch das Publikum statt."

Einer jedoch kritisiert dieses Konzept: Klaus Brunnstein, Professor für Anwendung der Informatik in Hamburg, sieht hier die Grenzen des Computers in der Kunst überschritten: Computer nur als Gag, um die Leute ins Museum zu locken, das erinnert fatal an jene pädagogische Masche der 60er Jahre, wonach ein Computer der bessere Lehrer sei. Auch im Museum aber ist der "Computer als Lehrer" ungeeignet. Ich bezweifle, dass man seine Ansichten und Gefühle über ein Bild tatsächlich auf eine Menge ungeordneter, beziehungsloser Schlagwörter reduzieren kann."

Abb.: Friederike Petzolds „Videoskulptur aus 5 TV-Elementen“ mit einem verrutschten Körper


Micheal Hübl schreibt im Kunstforum Nr.88, März/April 1987

Kunst im Netzwerk. Eine Ausstellung in der Kunsthalle Hamburg als Denkmodell

Michael Huebl: Kunst im Netzwerk

Links zu den Projekten

-> Wanderwege der Kunst
-> Besucherinformation Weltausstellung EXPO2000 Hannover
-> Bilderbrücken
-> Der Galeriebesuch - ein Riesenpuzzle
-> Umgarnte Gedanken
-> European MuseumsNetwork EMN

Einzelnachweise

[2]

  1. Auf Einladung des Bürgermeisters von Florenz als Beitrag zu den Veranstaltungen, die die Stadt als erste Kulturhauptstadt Europas organisierte. Die Übersetzung des Assoziationspool in drei weitere Sprachen: Englisch, Französisch und Italienisch, wurde von Übersetzern der EU in Brüssel ausgeführt. Ein beträchtlicher Teil der Exponate wurde durch Objekte aus Archiven der Stad Florenz ersetzt
  2. Auf Einladung des Bürgermeisters von Florenz als Beitrag zu den Veranstaltungen, die die Stadt als erste Kulturhauptstadt Europas organisierte. Die Übersetzung des Assoziationspool in drei weitere Sprachen: Englisch, Französisch und Italienisch, wurde von Übersetzern der EU in Brüssel ausgeführt. Ein beträchtlicher Teil der Exponate wurde durch Objekte aus Archiven der Stad Florenz ersetzt