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Künstlers Erdenwallen

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J. W. v. Goethe: DES KÜNSTLERS ERDEWALLEN( 1773/74) - DES KÜNSTLERS VERGÖTTERUNG (1774) – KÜNSTLERS APOTHEOSE (1788)
I.
Vor Sonnenaufgang
Der Künstler<br><small>vor der Staffelei, worauf das Bild einer dicken, häßlichen, kokett schielenden Frau gestellt ist</small>.

Ich will nicht! Ich kann nicht!Das schändliche, verzerrte Gesicht!
Soll ich so verderben den himmlischen Morgen?Da sie noch schlafen all meine lieben Sorgen!Gutes Weib! Köstliche Kleinen!<br>
Er stellt das Bild ab und tritt ans FensterIch will nicht! Ich kann nicht!<br>Das schändliche, verzerrte Gesicht!
<br>Soll ich so verderben den himmlischen Morgen?<br>Da sie noch schlafen all meine lieben Sorgen!<br>Gutes Weib! Köstliche Kleinen!<br>
Aurora, wie neukräftig liegt die Erd’ um dich!Und dieses Herz fühlt wieder jugendlich,Und dies Auge wie selig, dir entgegenzuweinen!<small>Er stellt das Bild ab und tritt ans Fenster</small><br>
Er stellt das Bild der Venus Urania auf.Aurora, wie neukräftig liegt die Erd’ um dich!<br>Und dieses Herz fühlt wieder jugendlich,<br>Und dies Auge wie selig, dir entgegenzuweinen!<br>
Meine Göttin, deiner Gegenwart Blick
Uberdrängt mich wie erstes Jugendglück,
Die ich in Seel’ und Sinn, himmlische Gestalt,
Dich umfasse mit Bräutigams Gewalt.
Wo mein Pinsel dich berührt, bist du mein,Du bist ich, bist mehr als ich, ich bin dein,Uranfängliche Schönheit, Königin der Welt!
Und ich soll dich lassen für feiles Geld —
Dem Toren lassen, der am bunten Tand
Sich weidet, an einer scheckigen Wand . . .Meine Kinder! — Göttin, du wirst sie letzen,Du gehst in eines Reichen Haus,Ihn in Kontribution zu setzen,Und ich trag’ ihnen Brot heraus.
Und er besitzt dich nicht, er hat dich nur,Du wohnst bei mir, Urquell der Natur,Leben und Freude <small>Er stellt das Bild der Kreatur!
In dir versunken
Fühl’ ich mich selig an allen Sinnen trunkenVenus Urania auf.

</small><br>
Meine Göttin, deiner Gegenwart Blick
<br>Uberdrängt mich wie erstes Jugendglück,
<br>Die ich in Seel’ und Sinn, himmlische Gestalt,
<br>Dich umfasse mit Bräutigams Gewalt.
<br>Wo mein Pinsel dich berührt, bist du mein,<br>Du bist ich, bist mehr als ich, ich bin dein,<br>Uranfängliche Schönheit, Königin der Welt!
<br>Und ich soll dich lassen für feiles Geld —
<br>Dem Toren lassen, der am bunten Tand
<br>Sich weidet, an einer scheckigen Wand . . .<br>Meine Kinder! — Göttin, du wirst sie letzen,<br>Du gehst in eines Reichen Haus,<br>Ihn in Kontribution zu setzen,<br>Und ich trag’ ihnen Brot heraus.
<br>Und er besitzt dich nicht, er hat dich nur,<br>Du wohnst bei mir, Urquell der Natur,<br>Leben und Freude der Kreatur!
<br>In dir versunken
<br>Fühl’ ich mich selig an allen Sinnen trunken.

<br>  Ein Kind schreit

s<small>chreit

</small><br>
Ä! ä!


Der Künstler

<br>
Lieber Gott.
Frau erwacht<br> 
’s ist schon Tag!

Lieber, geh doch, schlag

Daß ich dem Kindel koch den Brei.


Künstler <small>am Bilde einen Blick weilend</small> 
Meine Göttin!