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Die Kunst in Bildern zu denken

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VOM REGEN IN DIE TRAUFE.
Unsere Tasche ist außerdem so konstruiert, dass wir uns nicht vorstellen können, sie könnte irgendwann einmal voll sein; und zwar so voll, dass nichts mehr in sie hineinginge. Wohl kann sie den Anschein erwecken, prall gefüllt zu sein, ja sogar überzulaufen, indem ich mit dem Gefühl herumirre, dass das, was da eingepackt wird, gleich wieder herunterfällt oder aber sich Platz sucht und dabei irgendetwas anderes, das ich nicht einmal so schnell entziffern kann, hinauswirft. Ihr Fassungsvermögen kennt keine Grenzen.<br>
 
Darüberhinaus findet das, was in die Tasche hineingesteckt wird, keinerlei Einschränkung durch seine Körperlichkeit, wie Ausdehnung, Gewicht, Farbe oder Anzahl. Denn das, was in die Tasche hineinwandert, ändert seine Materialität, sobald es sich auch nur auf den Weg macht: Das, was ich ständig einpacke, ist mit Händen nicht zu greifen; es hat keine unmittelbare Anschaulichkeit, es hat keine dingliche Gestalt, obwohl es als Uneingepacktes vor mir in seiner ganzen Wirklichkeit stand und steht, jawohl, nach dem Einpacken steht es trotzdem immer noch vor mir als reales Ding.<br>
  Das, was in der Tasche drin ist - wir wollen von den Dingen im Inneren reden - kommt nämlich nicht durch eine bloße Ortsverschiebung dort hinein, d.h. nicht dadurch, dass das Uneingepackte - wir wollen von den äußeren Dingen sprechen - in der Fülle seiner weltlichen Existenz einfach über die Schwelle der Tasche geschoben wird. <br>
Es ist vielmehr so, dass 1. die inneren Dinge nur möglich sind aufgrund der äußeren (ich kann nur dann etwas einpacken, wenn es etwas einzupacken gibt - auch wenn ich´s aus fremden Taschen ziehe) und 2. die inneren Dinge, die zu den äußeren hinzutreten. (Das Resultat des Einpackens ist nämlich nicht zu vergleichen mit dem einer Subtraktionsaufgabe, die von 5 wirklichen Äpfeln 2 durch Aufessen zum Verschwinden bringt, sie also tatsächlich der sichtbaren Wirklichkeit entzieht.)<br>
 
Darüberhinaus verleiht der Prozess des Einpackens allen Dingen, die in die Tasche hineinwandern, die gleiche Qualität ihrer Existenz - so wie z.B. allen nur vorstellbaren Fotografien die gleiche Qualität, nämlich "Ergebnis eines fotografischen Prozesses" zu sein. <br>
 
Die Tasche, man hat es inzwischen längst erraten, hat ihren Sitz in unser aller Köpfe und ihre objektive Gestalt in den kleinen grauen Zellen, in unseren Gehirnen, Abteilung Gedächtnis - bewusste, unbewusste Erinnerung.<br>
Wie sieht es nun mit den Tascheninhalten aus? Mit dem, was in den Köpfen drin ist?<br>
 
Wie kommt es hinein?<br>
 
Die inneren Dinge werden durch den aktiven oder passiven, den vorsätzlichen oder bei-läufigen Einsatz unseres Wahrnehmungsapparates zu eben diesen. Der Wahrnehmungsapparat hat in dem Prozess, der zu den äußeren die inneren Dinge produziert, die Funktion einer Art Leitschiene für die Wirklichkeit, die sich auf ihr in mich hineinvermittelt.<br>
 
Dabei hat die uns umgebende Wirklichkeit pro Wahrnehmungsqualität (sehen-hören-riechen-schmecken-fühlen) unterschiedliche Ausdehnungen und Strukturen. Dieselben Dinge können je nach Wahrnehmungsinstrument in völlig disparaten Realitätszusammenhängen stehen, der vereinzelten Wahrnehmungsqualität erscheinen sie jedoch notwendigerweise in einem kontinuierlichen Zusammenhang. Oder können Sie um die Ecke gucken, bei klarem Wetter meilenweit hören oder den aromageschützt verpackten Kaffee riechen?<br>
 
=== VOM LEBEN IN DIE TASCHE. ===